Der Professor und die Kameliendamen
Wie ein Westfale im Rheinland mit der Diva unter den Pflanzen - der Kamelie - ganz ohne Extravaganzen zusammen lebt.
Professor Gerd Kierfeld ist ein bodenständiger Mann. Der Urologe im Ruhestand macht nicht den Eindruck, als ob er sich von irgendwem den Kopf verdrehen ließe. Nicht einmal von seiner Lieblingspflanze - der Kamelie. Einer Blume, die Eleganz und Noblesse verströmt und dabei als kapriziös und anspruchsvoll gilt.
Alexandre Dumas der Jüngere, setzte der Kamelie mit dem Roman "Die Kameliendame" ein literarisches Denkmal, dem Guiseppe Verdi mit seiner Oper La Traviata zu musikalischem Weltruhm verhalf. Das war im 19. Jahrhundert und das ist kein Zufall.
Die Kamelie erobert Europa
Im 19. Jahrhundert gab es einen regelrechten Kamelien-Boom. Adel und Bürgertum liebten die exotische Pflanze, die eigentlich aus Asien stammt. Sie war das zarte, aber unverwechselbare Symbol für Reichtum. Man musste nicht nur viel Geld haben, um eine zu kaufen, sondern auch, um sie zu unterhalten. Man brauchte eine eigene Orangerie, um die kostbaren Pflanzen sicher über den Winter zu bringen.
Bis heute hat sich die Kamelie ihren Ruf als Diva bewahrt. Man findet sie vor allem in Parks und Botanischen Gärten, wo Kamelien-Ausstellungen regelmäßig Besucherströme auslösen.
Zu Hause trauen sich Gärtner nur zögernd an Hagoromo und Princesse Clothilde, an Flower Girl und General Colletti heran. Denn gerade größere Kamelien haben immer noch ihren Preis und eine Orangerie für den Winter haben auch die wenigsten im Garten. "Die braucht man auch gar nicht", sagt Professor Kierfeld. Schon seit 40 Jahren lebt er mit Kamelien zusammen. 150 verschiedene Sorten wachsen im Freiland in seinem Garten - sommers, wie winters.
Kamelien-Liebhaber brauchen Mut
Obwohl man heute nicht mehr Preise in der Höhe eines Arbeiter-Monatslohns investieren muss, wie im 19. Jahrhundert, ist eine große Kamelie noch immer kein Schnäppchen. Und eine Kamelie mit 1 Meter bis 1,50 Meter Höhe, sollte es schon sein, wenn man sie ins Freiland pflanzen will, meint Professor Kierfeld. Eine Reihe von Gärtnereien, allen voran die Kameliengärtnerei von Peter Fischer im niedersächsischen Wingst, die heute von Sohn Malte geführt wird, haben sich auf winterharte Kamelien spezialisiert.
Rot und weiß
Anfängern empfiehlt Kierfeld eine frühjahrsblühende Sorte mit roten Blüten, denn die roten Sorten sind die unempfindlichsten. Das hat er in den letzten Jahren selbst beobachten können. Den Titel "Diva" verdienen sich am ehesten die weißen Sorten, denn sie sind die empfindlichsten. Weiße Blüten mögen es gar nicht, wenn Regen auf sie fällt. Generell gilt: im Garten fühlen sie sich wohler, als in einem Topf.
Kaufen sollte man Kamelien, gerade wenn sie größer sind, im Fachhandel. Dort werden die Kamelien langsam an das Freiland gewöhnt. Gerd Kierfeld hat seine Kamelien anfangs in Italien, am Lago Maggiore, einer klassischen Kameliengegend, gekauft. Die ersten Exemplare musste er sogar schmuggeln, denn durch die Schweiz hätten die exotischen Fremdlinge eigentlich nicht reisen dürfen. Auch mit den Kamelien von Peter Fischer hat er gute Erfahrungen gemacht.
Das Mikroklima ist entscheidend
Wer die richtige Sorte in der richtigen Größe wählt, muss nur noch den richtigen Platz im Garten finden. Am liebsten wachsen Kamelien im lichten Schatten unter tiefwurzelnden Laubbäumen. Wind und pralle Sonne mögen sie nicht. Sie brauchen leicht sauren Boden und mögen Gesellschaft. Sie lieben die Nachbarschaft von Artgenossen, hat Kameliensammler Kierfeld festgestellt. Wer den Platz hat, sollte sich also gleich mehrere Kamelien gönnen.
Wenn die Diva zickt
Wenn eine Kamelie doch vor sich hin kümmert, kann man nicht viel machen, hat er festgestellt. Da hilft nur umsetzen. Das geht auch noch mit großen Pflanzen, denn Kamelien sind Ballenpflanzen und lassen sich gut ausgraben und wieder eingraben. Der ehemalige Chefarzt hat in seinem Garten eine kleine, aber wirksame Intensivstation eingerichtet. Ein paar Jahre Erholung auf dem Platz mit dem idealen Kamelien-Mikroklima und schon blühen die Schönheiten wieder auf.
Seine Erfahrungen hat Gerd Kierfeld in seinem Buch "Kamelien" aufgeschrieben. Es ist zwar vergriffen, aber einzelne Exemplare sind immer wieder im Internet zu bekommen. Wer sich die Pracht in seinem Kamelien-Garten einmal selbst ansehen möchte, kann per email Kontakt zu ihm aufnehmen: gerd.kierfeld@t-online.de.
Warum die Europäer die Kamelie einem Betrug zu verdanken haben, weshalb man an der ältesten Kamelie Deutschlands erkennt, wie robust die zarten Schönheiten sind, wie wichtig das Gießen ist und warum manche Kamelien ihre Blüten schon als Knospe abwerfen - hören Sie in der Sendung.
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