El Chico de Los Balcones
Blätter und Blüten, die sich bis zu 2 Meter lang von Balkonbrüstungen in die Tiefe ergießen, sind das Markenzeichen von Gärtner Heiko Bartsch. Der Deutsche hat nicht nur traditionelle Holzbalkone zu spektakulärem Leben erweckt, sondern auch sein ganz persönliches Gärtnerglück auf der Kanaren Insel La Palma gefunden.
Die ganze Geschichte begann mit einem Hund: Monsieur Bert. Heiko Bartsch brachte ihn jeden Tag mit zur Arbeit. In einer Seniorenanlage in Berlin kümmerte er sich um den Garten. Während Herrchen düngte, grub und hackte, fuhr Monsieur Bert Fahrstuhl, hinauf und hinunter, von Stockwerk zu Stockwerk. Er setzte sich neben Stühle und Betten, immer dahin, wo er sich von einem der Bewohner gebraucht fühlte. Gärtner Heiko kam mit den Bewohnern ins Gespräch: über den Hund, über den Garten, über die fast vergessenen Düfte aus der Jugend.
Anfänge auf La Palma
Eines Tages steckte ihm eine Bewohnerin des Seniorenheims eine Telefonnummer zu. Es war die Nummer eines Schweizer Gärtners, der auf La Palma lebte. Die beiden telefonierten und waren sich sympathisch. Heiko Bartsch beschloss, den Winter auf der Insel zu verbringen und Peter Bruno Wicki über die Schulter zu gucken.
Ein Schweizer hilft beim Wurzelschlagen auf La Palma
Das Leben auf der Insel gefiel ihm. Noch einmal kehrte Heiko nach Deutschland zurück, aber nur um sein altes Leben aufzugeben. Er packte Schere und Spaten ein und wanderte aus. Das war vor 8 Jahren. Anfangs ging er Peter Bruno Wicki zur Hand, lernte viel von dem erfahrenen Gärtner und Pflanzenzüchter und hielt sich nebenbei mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Er kellnerte in einem Restaurant, in dem Blüten auf der Speisekarte standen und machte sich mit der heimischen Pflanzenwelt und ihren Vorlieben vertraut.
Heiko wird zum Chico de Los Balcones
Nach und nach begann er, sich den verwaisten Balkonen in der Hauptstadt Santa Cruz zu widmen. Prächtige Holzkonstruktionen, über und über mit Schnitzereien verziert, aber ohne Blumen. Teures Wasser und Dünger in Blumen zu investieren, davon hielten die Einheimischen nichts. Selbstversorgung mit Obst und Gemüse war ihnen wichtiger, als schöner, aber „überflüssiger“ Blumenschmuck.
Dann mach ich das erstmal selber
Heiko Bartsch blieb hartnäckig, bepflanzte und pflegte die ersten Balkone auf eigene Kosten. Er probierte neue Pflanzenkombinationen und Bewässerungssysteme aus, bis seine Idee von Balkonen als üppig hängenden Pflanzenlandschaften blühende Wirklichkeit wurde. Längst sind seine Balkone zur Touristenattraktion geworden. Kein Andenkenladen, der ohne die "hängenden Gärten" als Postkartenmotiv auskommt. Offizielle Wegweiser machen auf sie aufmerksam und manchmal warten Schlangen von Fotografen geduldig, bis der Vorgänger die Position für das Foto mit der besten Perspektive freigibt.
El Chico de los Balcones, der Junge von den Balkonen, wird der sympathische Gärtner mittlerweile von den Einheimischen genannt. Der Name gefällt ihm. Er trägt ihn auf Kappe und T-Shirt, wenn er in den Gassen von Santa Cruz unterwegs ist, um die Balkone zu pflegen, denn er mag es, wenn Menschen ihn ansprechen, nach Pflanzen und Tipps fragen.
Botschafter für naturnahes Gärtnern
Der Gärtner aus Leidenschaft empfindet sich immer auch als Botschafter der Natur. Gerade auf einer Insel, auf der es üppig grünt und blüht, wird die Natur als etwas Selbstverständliches hingenommen. Deshalb besucht er regelmäßig Schulklassen und lässt die Kinder Blumen und Gemüse anbauen, lässt sie Blüten schmecken und Tomaten riechen. „Einmal“ lacht Heiko Bartsch, „musste ich einen aufgeregten Gartenbesitzer beruhigen, als der plötzlich Spinnen in der neu gepflanzten Mischhecke entdeckte. Der wollte, dass ich die wegmache. Da hab ich ihm erstmal erklärt, dass er sich freuen soll, dass die Spinnen in seiner Hecke leben.“
Ich bin der glücklichste Mensch der Welt
Heiko Bartsch lacht viel. Sein Leben ist ausgefüllt. In den letzten 8 Jahren war er nicht einmal zu Besuch in Deutschland. Mittlerweile hat er einen eigenen Garten, der ihm gleichzeitig Ort der Entspannung und Gärtnerei ist und in dem rund 350 verschiedene Pflanzen üppig gedeihen. Durch den streift er mit seinen beiden Hunden Tin Tin und Marie Lou, mit seinen drei Gänsen und schon bald mit dem Gänse-Nachwuchs, der in diesem Frühjahr schlüpfen soll.
Monsieur Bert, der einfühlsame Hund, ist längst gestorben und auch Peter Bruno Wicki, der Schweizer Gärtner, lebt nicht mehr. Heiko Bartsch lernt trotzdem immer noch viel von dem Mann, der ihm half, Wurzeln auf La Palma zu schlagen. Wicki überlies dem jungen Gärtner aus Deutschland sein gärtnerisches Vermächtnis - eine stattliche Sammlung voller Kladden, in denen er sein Gartenwissen aufgeschrieben hat. Wenn Heiko Bartsch abends in seinem Garten sitzt und darin blättert, Miss Moneypenny nur noch leise schnattert und der würzige Duft der Kräuter sich mit den süßen Aromen der Blüten mischt, dann - sagt Heiko Bartsch "bin ich der glücklichste Mensch der Welt."
Was Heiko Bartsch über Pflanzen lernen musste, als er auf die Kanaren zog, was das Geheimnis seiner Balkone ist, wie er durch Guerilla Gardening, Schmetterlinge rettet und welches Gartengerät er getrost in Deutschland hätte lassen können – hören Sie in der Sendung.
Tipp:
Wer auf La Palma unterwegs ist und Heiko Bartsch treffen möchte, findet hier die Termine für Führungen durch Santa Cruz.
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