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Vögel im Winter

Unterwegs mit dem ungewöhnlichsten Vogelkundler Deutschlands. Uwe Westphal kennt nicht nur Verhaltensweisen, Vorlieben und Bedürfnisse der heimischen Vögel - er zwitschert, tschilpt und pfeift auch in über 120 Vogelsprachen.

Angefangen hat die Passion für alles, was fliegt und piept, im Biologieunterricht der 6. Klasse. Die Biologielehrerin empfahl den Schülern, an einer vogelkundlichen Führung der Volkshochschule teilzunehmen. „Ich war ein braves Kind und wollte gute Noten“, sagt Uwe Westphal heute, also ging er mit.

Amseln mögen gerne weiches Futter und freuen sich über Apfelstückchen © Gartenradio.fm
Er war damals elf Jahre alt und nur mäßig an Amseln und Meisen interessiert. Aber das sollte sich bald ändern. Der Kursleiter war ein begeisterter Ornithologe und führte die Gruppe mitten in eine Reiherkolonie. Die imposanten Schreitvögel verfehlten mit ihrem dolchartigen Schnabel, den breiten Flügeln und dem S-förmig gebogenen Hals nicht ihre Wirkung. Uwe Westphal staunte, nahm auch an der nächsten Exkursion teil und durfte zusehen, wie Habichte beringt wurden. „Damals hat man das noch mit der ganzen Gruppe gemacht“ sagt er fast entschuldigend „heute würde man das nicht mehr machen“. 

Doch der nahe Kontakt verfehlte nicht seine Wirkung. Als sein Großvater ihm  dann auch noch ein Fernglas schenkte, stromerte Uwe Westphal  um den heimischen Hof, beobachtete die Schwalben unter dem Scheunendach, die Rotkehlchen im Gebüsch und die unzähligen Vögel in Maschen bei Hamburg, wo sein Elternhaus steht und wo er immer noch einen Wohnsitz hat.

Das Fernglas gehört bei Uwe Westphal immer dazu © Gartenradio.fm
Heute hat er auch einen Wohnsitz am Schaalsee. Kein Zufall. Die Lage ist ein Glücksfall für Vogelbeobachtung. Der Schaalsee - zwischen Hamburg, Lübeck und Schwerin gelegen - ist das Kernstück eines UNESCO-Biossphärenreservats. Ein idealer Lebensraum für heimische Vögel, Rastplatz für tausende Zugvögel - und Klangraum unterschiedlichster Vogelsprachen.

Meisen fressen sowohl weiches, als auch Körnerfutter © Gartenradio.fm
Gurren, Zwitschern, Tschilpen, Keckern

Beobachten allein reichte dem Nachwuchs-Ornithologen damals irgendwann nicht mehr. Die Laute der Vögel faszinierten ihn. Ihr Gezwitscher und Gekecker, ihr Gurren und Tschilpen. Er begann, seine Stimme auszuprobieren und irgendwann wurden aus den Lautübungen Melodien – die Gesänge und Rufe der Vögel. 

Über 120 Vogelstimmen kann er heute verstehen und „sprechen“. Sein Talent hat er mittlerweile zum Beruf gemacht. Nachdem er 18 Jahre lang als Naturschützer, unter anderem beim Nabu angestellt war, entschloss er sich, Naturschutz auf seine Weise zu betreiben. Wenn man auf unterhaltsame Weise von Vögeln und ihren Eigenheiten, von ihren Revierkämpfen und Anbandelungsversuchen schreibt und erzählt, kann man - so seine Erfahrung - noch mehr Menschen auf ihre Bedürfnisse aufmerksam machen.  

Das Teichhuhn bzw. die Teichralle ist der Lieblingsvogel von Uwe Westphal © Gartenradio.fm
Der stumme Frühling ist längst Realität

Vögel brauchen mehr Schutz, denn die Entwicklung der Vogelarten ist besorgniserregend, sagt Westphal.  Zwar sei die Anzahl der Vogelarten in den letzten Jahren ungefähr gleich geblieben, aber die Anzahl der Individuen pro Art geht dramatisch zurück. Die industrielle Landwirtschaft, großflächige Monokulturen, Einsatz von Pestiziden, zu wenige Hecken und fehlende Randstreifen an den Feldern, auf denen Wildkräuter wachsen, sind nur einige Ursachen für diesen Rückgang. Aber auch unsere Gärten werden für Vögel immer lebendsfeindlicher.

Der kleine Zaunkönig hat es diesen Winter nicht geschafft © Gartenradio.fm
Der vogelfreundliche Garten

Ein Garten, in dem Vögel sich wohlfühlen, sollte sich unaufgeräumte Ecken leisten, rät der Ornithologe. Reisighaufen bieten Schutz, Hecken aus heimischen Gehölzen bieten außerdem  Nahrung für Insekten, die wiederum von den Vögeln gefressen werden können. Immergrüne Gehölze, die keine Insekten anziehen, sind dagegen für Vögel wertlos. Gepflasterte Vorgärten oder Gärten, auf denen sich Kies statt Pflanzen ausbreitet, bieten kaum noch Lebensraum - weder für Vögel, noch für anderes Getier. 

Sogar in einem Korb mit Fallobstresten fühlen sich Amseln wohl © Gartenradio.fm
Vögel füttern – nicht nur im Winter


Ob Vögel mittlerweile das ganze Jahr über gefüttert werden sollten, darüber gehen die Meinungen auseinander. So spricht sich etwa die Sielmann-Stiftung für die Ganzjahresfütterung aus. In den häufig artenarmen Gärten und von industrieller Landwirtschaft geprägter Umgebung fänden Vögel immer weniger Nahrung.

Anders sieht es der Naturschutzbund-Deutschland, der zwar für die Winter-, aber gegen die Ganzjahresfütterung ist. Begründung: die Futterstellen würden fast ausschließlich von Vogelarten genutzt, die in ihrem Bestand nicht gefährdet seien. Im Winter dagegen ist eine zusätzliche Fütterung angebracht.

Uwe Westphal spricht sich für die Ganzjahresfütterung aus. Dabei ist es gerade im Winter wichtig, die Futterstellen regelmäßig zu versorgen. Vögel gewöhnen sich an die Stellen und verlassen sich darauf. Wenn die Futterstellen im Winter plötzlich leer sind, können die Vögel verhungern. 

Es sind vor allem zwei große Fress-Gewohnheiten zu unterscheiden und zu bedienen. Die Körnerfresser bevorzugen Sonnenblumenkerne und andere grobe Körner, Weichfutterfresser lieben Haferflocken, Mohn, Kleie, Rosinen und Obst. Als Futterhäuschen sind sogenannte Silos zu bevorzugen, also Behältnisse, in denen das Futter aus einem Spender nachrutscht. Futterstellen, in denen das Futter ausgebreitet wird, sind weniger geeignet, weil Vögel in ihnen herumlaufen und das Futter verschmutzen können.

Futterspender sind besonders gut für die Vogelfütterung geeignet © Gartenradio.fm
Nisthilfen

Schon bald fangen die Vögel wieder an, zu brüten. Nisthilfen sind willkommen, wenn man ein paar Dinge beachtet. Höhlenbrüter, wie Meisen, Stare oder Trauerschnäpper brauchen geschlossene Vogelhäuschen. Wichtig ist es, die Nisthilfen nicht zu dicht zu hängen. Vögel haben Reviere, sie mögen keine Nachbarn, andererseits sind sie wählerisch und freuen sich über mehrere Angebote. Halbhöhlenbrüter, wie der Hausrotschwanz, die Bachstelze oder der Grauschnäpper brüten in halboffenen Nisthilfen. Der Hausrotschwanz bevorzugt einen Platz direkt am Haus. Die Öffnung der Nisthilfe sollte versteckt sein, damit Elstern nicht so leicht an die Brut gelangen. Pralle Sonne sollte vermieden werden und die Öffnung nicht Richtung Westen zeigen, weil das die "Wind und Wetter" - Seite ist.

Als Material für Nisthilfen empfiehlt Uwe Westphal Holzbeton. Die Kästen sind haltbar und stabil und können von hungrigen Spechten nicht „geknackt“ werden. Fertigkästen mit vorgezogenem Einflugloch schützen außerdem vor Katzen und Elstern.

Noch ist das Nest unbewohnt © Gartenradio.fm
Warum Vögel sich so viele Gesänge leisten; was auf spätzisch: "Bin ein toller Mann, Hände weg von meiner Frau!" heißt, welche Vögel sogar Fremdsprachen beherrschen und wie wir selbst Vogelsprachen lernen können - hören Sie in der Sendung.


Bücher von Uwe Westphal:

Schräge Vögel
Mehr Platz für den Spatz
Hecken - Lebensräume in Garten und Landschaft
Hörbuch: Vogelexkursion mit Uwe Westphal: 95 heimische Vogelarten 

Kontakt:

Dr. Uwe Wesphal
Im Halftenbrook 1
211220 Seevetal
uwe.westphal@arcor.de