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Unbekannt unter Schnee

Das Wildkraut »Herzgespann«

Ein Winterspaziergang in Salzburg. Ich stapfe durch den Schnee hinauf auf die Festung Hohensalzburg, riesig ist die Burg und weiß ist sie wie der Schnee. Mitten im großen Burghof entdecke ich einen winzigen Garten, einen Vorgarten, der zu einem einzeln stehenden Häuschen gehört. Es ist das »Kaplanstöckl«, einst wohl für den Burggeistlichen errichtet, heute beherbergt es die Burgverwaltung.

Aus dem Schnee im kleinen Gärtchen ragt ein Schild heraus: »Herzgespann« steht darauf. Was für eine Liebesgeschichte liegt denn da begraben, denke ich. Wer waren die beiden, die da für einen winzigen Augenblick der langen Burggeschichte ein Herzgespann bildeten samt Liebesglück und Liebesleid? – Aber wie das so ist mit der Phantasie eines Ahnungslosen, sie führt in eine völlig falsche Richtung. Nix liegt da begraben. Stattdessen stecken ringsum andere Schilder im Schnee, »Rosmarin« oder»Hauswurz« steht darauf. Ein Kräutergarten also? Allerdings ist mir das »Herzgespann« in einem solchen noch nie begegnet.

Die Burgverwaltung müsste doch mehr wissen. Und tatsächlich bekomme ich die Bestätigung: Es ist ein Kräutergarten da vor der Tür, extra angelegt für die Besucher der Hohensalzburg. Und die Mitarbeitenden der Verwaltung nutzen die Kräuter durchaus für die Küche daheim, berichtet die für Presse und Marketing verantwortliche Birgit Meixner. Eine Spezialistin für Kräuter aus dem Pinzgau habe den Garten angelegt und die Info hinterlassen, dass das »Herzgespann« schon seit dem Mittelalter bekannt sei und als Volksarzneipflanze vor allem bei nervösen Herzbeschwerden angewandt wird, aber auch bei Atemnot, Schlaflosigkeit, nervöser Unruhe, Magen-Darm-Problemen. Aha, denke ich, es hilft also irgendwie bei jeglicher Art von Aufregung und Nervosität. Und vielleicht sogar, so wieder meine Phantasie, bei Liebeskummer?

Daheim im Bekanntenkreis kennt kaum jemand das Herzgespann, da bin ich also nicht allein. Ich höre nach bei Jutta Wilden vom »Kräuterhaus« in Bergisch-Gladbach. Sie verkauft es, so sagt sie, von sich aus kaum bis gar nicht, aber: »Es gibt Kunden, die für sich selbst recherchiert haben, dass es ein Heilkraut ist, das ihnen guttut.« Und was ist mit dem Liebeskummer, geht der weg vom »Herzgespann«? Das, so Jutta Wilden, sei sehr individuell. »Es heißt zwar, gegen jedes Leiden ist ein Kraut gewachsen, aber welches das Kraut jetzt bezogen auf den Liebeskummer ist, da möchte ich mich nicht festlegen, ohne die Person konkret vor mir stehen zu haben.«

Wildbienen sollen auf jeden Fall ihre Freude am »Herzgespann« haben – genau das werde ich ausprobieren und Herzgespann pflanzen, zumal das Kraut (das heimische »Echte Herzgespann«, leonurus cardiaca) bei uns laut naturaDB auf der roten Liste steht. Und dann entdecke ich noch einen wissenschaftlichen Artikel der Uni Leipzig von 2007. Danach ist bewiesen, dass durch leonurus cardiaca »das Herz insgesamt entlastet wird«. Ob dies dann doch für Liebeskummer gilt?

(Stefan Quilitz)