Der Ingenieur und der Superwurm
Ein Regenwurm ist ein Bioreaktor
Ein Regenwurm besteht hauptsächlich aus einem langen Darm. In ihm wird mineralisches und organisches Material durchmischt. Es entsteht ein Ton-Humus-Komplex, der äußerst nährreich für Pflanzen ist, der sogenannte Wurmhumus. Und da der Regenwurm sich hauptsächlich damit beschäftigt, altes, totes Material und Erde zu fressen und dadurch den Erdboden „umgräbt“, beugt der Regenwurm auch Erosionen vor und hilft dabei, den Boden ausreichend zu belüften. Das hört sich nach wenig an, aber wie effektiv das ist, wenn viele Regenwürmer unter Tage aktiv sind, wird klar, wenn man bedenkt, dass Forscher wie Charles Darwin schon Ende des 19. Jahrhunderts davon ausgingen, dass die gesamte Ackererde mehrmals durch Regenwurmdärme gegangen ist. Um das mal mit Zahlen auszudrücken. Heute gehen Forscher davon aus, dass eine Regenwurmpopulation von etwa 400 Regenwürmern pro Quadratmeter, im Jahr stolze 100 Tonnen Wurmhumus pro Hektar produziert.
Darwin war so fasziniert von den Regenwürmern, dass er sie täglich beobachtete. Er wollte herausfinden, worauf sie reagieren und ob sie zum Beispiel hören können. Deshalb stellte er sie auf seinen Billardtisch und wenn sie abends langsam zur Ruhe kamen, schrie er sie an, klimperte auf dem Klavier oder blies in sein Fagott. Die Reaktion der Würmer – keine. Daraus schloss er, dass sie keine Ohren haben. Und damit hatte er Recht.
10 Herzen im Dreivierteltakt
Auch Martin Langhoff beobachtet seine Riesen-Rotwürmer genau. Denn für den Züchter ist es wichtig, dass sich seine Würmer wohl fühlen. Ist der Regenwurm gesund und lebendig, dann verschenkt er auch gerne seine fünf Herzen und vermehrt sich fleißig. Die Wurmeier bzw. die Kokons sind das Bio-Kapital für Langhoff. Und so richtig hat er noch nicht herausgefunden, warum sich der Wurm in manchen Jahren leidenschaftlicher vermehrt, als in anderen, auch wenn die Bedingungen in der Regenwurmfarm eigentlich immer gleich sind.
Die Gärtner haben den Regenwurm entdeckt
In jedem Fall sollen es noch mehr Eier und Regenwürmer werden. Martin Langhoff will erweitern. Eine neue Halle ist im Bau. Demnächst werden 8 Millionen Regenwürmer im rheinischen Düren gehegt und gepflegt. Denn nicht nur Angler und Zoo-Fachgeschäfte, auch die Gärtner haben die Tiere und den Wurmhumus entdeckt. Private Kleingärtner und Urban Gardener, die in den Städten mit den verdichteten Böden kämpfen, schwören auf die Hilfe der Regenwürmer. Balkonbesitzer bringen ihre Pflanzen mit Wurmhumus zum Blühen und vor allem Familien bestellen sich gerne das Wurm-Aufzuchtset, um mit den Kindern, Regenwürmer schlüpfen und aufwachsen zu sehen.
Aber auch Profis setzen mittlerweile auf Regenwürmer. So hat Langhoff ein 40.000 qm großes Tomaten-Gewächshaus in Schleswig-Holstein mit Tausenden von Regenwürmern ausgestattet. Und die Stuttgarter Stadtverwaltung setzt auf Wurmhumus auf Stadtbaumscheiben.
Es kommen oft Leute vorbei und klingeln, erzählt Martin Langhoff, weil sie wissen möchten, wie es in einer Regenwurmfarm zugeht. Die meisten sind erstaunt, dass es keinen Misthaufen, statt dessen Plastikboxen und Maschinen gibt. Er redet gerne über seine Würmer und freut sich vor allem, wenn ganze Schulklassen kommen und die Kinder ihre Nasen tief in die Boxen stecken.
Wer keine Gelegenheit hat, sich so eine Farm mal anzusehen, kann sich die Filme anschauen, die Martin Langhoff ins Internet gestellt hat. Sie geben einen guten ersten Eindruck. Und wenn dann das Interesse am "Superwurm" geweckt ist, dem sei das Buch, der amerikanischen Journalistin und Hobby-Gärtnerin Amy Stewart empfohlen.
Wie man einen Regenwurm hypnotisiert
In ihrem Buch Der Regenwurm ist immer der Gärtner erzählt sie nicht nur, wie sich Forscher durch das Lebens des Wurms gegraben haben und immer noch graben. Man erfährt auch ganz Erstaunliches, dass nämlich viele archäologische Kunstschätze nur durch die Arbeit der Regenwürmer überdauert haben. Und wie man es schafft, einen Regenwurm zu hypnotisieren, erfährt man von ihr auch. Nur soviel vorab: das kann jeder, der sich traut, einen anzufassen.
Die Regenwurmfarm-Reportage
Wie der Ingenieur Martin Langhoff vor 16 Jahren auf den "Superwurm" gekommen ist, wie er es schafft, vier Millionen Regenwürmer nicht nur zu füttern, sondern auch zu sortieren und zu verpacken, was er in der Zeit alles über die Tiere gelernt hat und ob Regenwürmer eigentlich Regen mögen - das erzählt er alles in der Sendung.
Keine Folge verpassen?!
Wenn sie keine Folge verpassen möchten, abonnieren Sie einfach den Podcast, auf iTunes - Spotify - Deezer - Stitcher, Google Podcasts oder dem Podcatcher Ihres Vertrauens.
Noch nie einen Podcast abonniert? Eine Videoanleitung finden Sie hier.