Gran Cru de Trottoir - Auf Weinlese mit einem Stadtwinzer
Seine Hänge ragen senkrecht in die Höhe. Sein Weinanbaugebiet ist in der ganzen Stadt verteilt, und seine größten Herausforderungen sind Mehltau und Fußgänger-Fraß.
Thomas Eichert ist ein Winzer to go. Wer in Köln unter dem Schatten der eigenen Reben Richtung Sonne blinzeln möchte und dabei vom Wein aus den eigenen Trauben träumt, aber nicht weiß, wie man das hinbekommt, ruft den Stadtwinzer. Der schwingt sich auf sein 30 Jahre altes Lastenfahrrad, pflanzt und pflegt, erntet und keltert. Und als Lohn bekommt er die Hälfte des Weins. So funktioniert das schon seit 18 Jahren.
Flaschengärung in der Chiantiflasche
Durch einen italienischen Nachbarn ist Thomas Eichert auf das Trauben-Sharing-Modell gekommen. An dessen Hauswand rankte Wein und produzierte so viele Trauben, dass es zum Essen zu viele waren. Die beiden probierten in alten Chiantiflaschen die Weingewinnung durch Flaschengärung aus. Das Experiment gelang. Sie teilten den Wein, und das Prinzip sprach sich herum. Mittlerweile kümmert sich der Stadtwinzer um 30 Stöcke und einen kleinen Weinberg, den er erst in diesem Jahr mitten in der Stadt an einem historischen Stadttor anlegte.
Grüne Wände sind gut für’s Klima
Und was Thomas Eichert von Anfang an bemerkt hat. ist mittlerweile wissenschaftlich belegt. Wein ist nicht nur gut für die Geselligkeit. Lebende Wände verbessern das Stadtklima. Der Kölner Biologie Professor Hans-Georg Edelmann hat in einem Versuch belegt, wie stark eine Begrünung wirkt.
Der Wissenschaftler hat Sensoren in einem mit Efeu bewachsenen Mauerwerk angebracht und über mehrere Monate Temperatur und Luftfeuchtigkeit gemessen. Die Ergebnisse hat er mit den Daten an einer blanken Nachbarwand verglichen. Während die Temperatur an der Efeuwand bei maximal 32,5 Grad lag, kam die blanke Wand auf 50 bis 60 Grad.
Mehltau und Fußgänger-Fraß
Schäden an Hausfassaden braucht der Hausbesitzer nicht zu befürchten, beruhigt der Stadtwinzer. Die größten Herausforderungen sind eher Mehltau und Fußgänger-Fraß schmunzelt er. Aber gegen den Mehltau kann man etwas tun, und der Fußgänger-Fraß, also der Trauben-Raub durch Passanten, fällt in so üppigen Jahren, wie diesen, nicht ganz so stark ins Gewicht.
Weinprobe und Hausmusik
Der Stadtwinzer kommt mittlerweiile auf etliche Flaschen Wein jährlich. Verkaufen darf er seinen Gran Cru de Trottoir oder den Rappes, wie er seinen Grappa nennt, nicht. Aber mit Freunden und Verwandten teilen, darf er schon. Probiert wird auf seinen Hauskonzerten, die er jeden Herbst in seinem Wohnzimmer veranstaltet.
Wie Thomas Eichert gegen Mehltau vorgeht, welche Sorten sich in der Stadt wohlfühlen, wie man mehrere Stockwerke so bepflanzt, dass man sie ohne Leiter ernten kann, und was es mit Tapsi-Island auf sich hat - hören Sie in der Sendung.
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