Blinddate mit Orchideenliebhabern
„Du kannst von allem wieder loskommen, von Alkohol, Drogen, Frauen, Essen, Autos, aber wenn du einmal auf Orchideen abfährst, dann bist du erledigt. Von Orchideen kommst du nicht mehr weg ... im Leben nicht.” Joe Kunisch, Orchideenzüchter, New York.
Das Zitat des New Yorker Orchideenzüchters ist vielleicht ein klein wenig übertrieben, meinen die Orchideenliebhaber Marion und Klaus Knopf, aber etwas könnte dran sein. Der Satz stammt aus dem Buch „Orchideenfieber“ von Eric Hansen. Man reibt sich bei der Lektüre erstaunt die Augen, wenn Hansen von lebensgefährlicher Orchideen-Jagd im Dschungel berichtet. Von Orchideenschmugglern, die auf ihrem Körper seltene Exemplare fest kleben, um sie außer Landes zu bringen. Sogar von bewaffneten Überfällen auf Orchideensammler erzählt er in seinem Buch.
Orchideenliebhaber halten zusammen
Auf der Orchideenausstellung im Botanischen Garten der Uni Potsdam geht es an diesem Nachmittag wesentlich friedlicher zu. Marion und Klaus Knopf beugen sich über Orchideen, über Blüten und Wurzeln, die ihnen besorgte Orchideenhalter entgegen strecken. Das Ehepaar Knopf gehört der Berliner Gruppe der Deutschen Orchideengesellschaft an. In regelmäßigen Abständen bieten deren Mitglieder auf Ausstellungen nicht nur einen Umtopf-Service, sondern auch Beratung an.
Auch Christian Wolfram ist Mitglied der Deutschen Orchideengesellschaft. Er hat zwei seiner Orchideen mitgebracht. Eine magentafarbene Cattleya und eine zart rosa Bulbophyllum. Unterschiedlicher könnten sie kaum sein. Die Cattleya wirkt mit ihrer knalligen Neon-Optik wie ein farbiger Donnerschlag, die Bulbophyllum (siehe Titelbild) kommt trotz ihrer außergewöhnlichen Erscheinung leise und diskret daher. Aber beide tun das Ihre dazu, um Besucher zum Fragen zu ermuntern. Wie topfe ich um? Wann schneide ich Orchideen zurück und wie muss ich gießen?
Beziehungstipps vom Profi
„Das Gießen ist immer das schwerste“, lacht Zierpflanzengärtnerin Annette Ponick vom Botanischen Garten der Uni Potsdam, die auch während der Ausstellung die Fragen der Besucher beantwortet. „Die meisten Leute gießen zuviel“. Und auf die Frage, was Orchideenanfänger sonst beachten sollten, meint sie: vor allem sollte man gucken, welche Pflanze zu einem passt, welche Lebensbedingungen man ihr bieten kann. Denn die Ansprüche der Orchideen sind so vielfältig wie ihr Aussehen. 27.000 Naturformen gibt es ungefähr, und 100.000 Hybriden, also Kreuzungen. Man findet sie fast überall auf der Welt, vom Polarkreis bis zu den Tropen. Nur in Wüsten fühlen sie sich nicht wohl.
Lodernde Leidenschaft
Wahre Orchideenliebhaber umwehte lange eine besondere Aura. Schon seit Orchideen im 18. Jahrhundert auf Handels- und Piratenschiffen über England nach Europa kamen, haben sie Begehrlichkeiten geweckt. Pflanzenjäger durchsuchten Regenwälder, Gebirge und Sümpfe nach immer neuen Gattungen. Sie schmückten Adelshäuser und landeten am Revers von Lebemännern und Salondamen.
Vielleicht ist es das Luxuriöse der betörenden Blüten, das auf ihre Halter abfärbt. Vielleicht ist es die Vielfalt, die dem Liebhaber, der sich über seine Favoritinnen austauschen will, einen beachtlichen Kenntnisreichtum abverlangt. Und manchmal ist es besondere Findigkeit - wie bei Marion und Klaus Knopf. Denn, dass die Beiden seit über 30 Jahren Orchideenliebhaber sind, ist keine Selbstverständlichkeit. Mitte der achtziger Jahre war es in der ehemaligen DDR fast unmöglich, an Orchideen zu gelangen. Sie waren nicht im Handel. Nur durch geschicktes Tauschen konnte man einige wenige der begehrten Exoten ergattern.
Heutzutage muss man weder Abenteurer noch Schmuggler sein, um der Orchideenleidenschaft nachzugehen. Die Exoten sind zum Massenartikel geworden, und zumindest einige Arten sind für jedermann verfügbar und erschwinglich. Millionen von Orchideenliebhabern auf der ganzen Welt formieren sich in Vereinen und Gesellschaften. Tauschen sich aus und bleiben ihrer Auserwählten oft über Jahrzehnte treu.
Du kommst nie mehr von ihr los...
Christian Wolfram ist jedenfalls das beste Beispiel dafür, dass Orchideenleidenschaft jederzeit entflammen kann. Er ist ein Spätberufener. Seine erste Pflanzenliebe galt den Kakteen. Dann kamen Tillandsien, also Luftnelken dazu, und erst vor ein paar Jahren entflammte er für Orchideen.
Das Ehepaar Knopf wird den Orchideen sicher treu bleiben. Ihre Orchideenleidenschaft ist längst alltagstauglich geworden, lacht Marion Knopf: „Im Gewächshaus hängen bei uns oben die Orchideen und unten wachsen Gurken und Tomaten“.
Was man beim Blinddate mit Orchideenliebhabern erleben kann, wie die Beziehung zwischen Orchideenliebhaber und Pflanze frisch bleibt, und welches die einzige Nutzpflanze unter den Orchideen ist – hören Sie in der Sendung.
Tipp:
Nächster Einsatz der Deutschen Orchideengesellschaft/Berlin:
28.09.2018 - 30.09.2018
Große Orchideenausstellung
Botanischer Garten
Königin-Luise-Straße 6
814195 Berlin