SeedBombCity
Mit dem SeedBombCity-Fahrplan zu den "Urban Gardens" in Berlin.
Fast könnte man glauben, die Garten-Welt stehe Kopf. In ländlichen Gebieten werden in Neubausiedlungen Vorgärten auf Teufel komm raus gepflastert, mit anthrazitfarbenem Rollsplit zugeschüttet und feindliches Grün am Sprießen gehindert, während in den Städten jede noch so kleine Brache, jede Baumscheibe die Chance hat, bepflanzt zu werden. In mobilen Hochbeeten aus Säcken oder alten Badewannen werden den kleinsten Flächen Zucchini und Möhren abgerungen. Auf verlassenen Bahngeländen, auf Dächern und Mauern wird gemeinschaftlich gebuddelt, gepflanzt und geerntet.
Diese Entwicklung ist nicht neu. Schon seit Mitte der neunziger Jahre entstehen in den Städten Gemeinschaftsgärten, die neben schönen Blumen und essbarem Grün auch ein neues Miteinander wachsen lassen. Mehr Artenvielfalt, nachhaltige Stadtentwicklung oder auch Sensibilisierung für nachhaltige Lebensstile gehören zu den Zielen. In den letzten Jahren hat die Bewegung des Urban Gardening immer mehr Fahrt aufgenommen. Die Stiftungsgemeinschaft Anstiftung verzeichnet mittlerweile bundesweit 565 solcher Gärten.
Berlin ist die Urban Gardening-Hauptstadt
Die größte Dichte an Urban Gardening Projekten findet sich in Berlin. Rund einhundert solcher Gärten sind schon entstanden. Da trinken Berliner Hipster ihr Feierabendbier auf dem Dach eines Parkhauses in Neukölln, im Klunckergarten, neben Hochbeeten mit Tomaten und Sonnenblumen.
Im Interkulturellen Garten Rosenduft in Kreuzberg werden neben Rosen auch die Beziehungen zu Neu-Berlinern aus Südosteuropa gepflegt. Und im wohl berühmtesten Berliner Urban Gardening Projekt, dem Prinzessinnengarten, versucht man, globales Urban Gardening Wissen aus aller Welt zu bündeln und umzusetzen.
Mit dem SeedBombCity-Fahrplan zu den urbanen Gärten
Die urbanen Gärten sind nicht leicht zu finden. Sie liegen oft versteckt. Selten kommt man beim Flanieren durch die Stadt an ihnen vorbei. Einen guten Überblick bietet der SeedBombCity-Fahrplan von Benjamin Graf.
Der Geograph ist selbst Urban Gardener im Bürgergarten Moabit. Ein gutes Drittel der Gärten hat er in einem U-Bahn Fahrplan aufgelistet und sowohl postalische, als auch Internet-Adressen zusammengestellt. Mit Hilfe von Karte und Homepage, kann man sich nicht nur über den Standort informieren, sondern erfährt auch, wer dahinter steckt, welches die besondere Ausrichtung ist, wie man mitmachen kann, oder wann besondere Veranstaltungen stattfinden.
Permakultur auf dem Bahngelände
Wer dem Fahrplan folgt, kann nicht nur interessante Gärten, sondern auch nette Menschen kennenlernen. Das Gleisbeet und Marco Foemer zum Beispiel. Er gehört zu einer Gruppe von rund fünfzehn Urban Gardenern, die in Berlin-Friedrichshain ein ehemaliges Bahngelände mit einem Boden voller Schwermetalle wieder urbar machen möchte.
Eine grüne Verkehrsinsel mit Geschichte
Auf der Gleim-Oase im Wedding kann man Dunja Berndt und Holger Eckert kennenlernen. Vor sechs Jahren haben die beiden offiziell die Patenschaft für diese schräge Verkehrsinsel übernommen. Bis zur Wende lag sie in einer Sackgasse. Denn direkt hinter ihr, am Gleim-Tunnel, war Westberlin zu Ende. Durch den Tunnel verlief die Mauer zwischen Ost-und West. Heute wachsen auf dem achtundsechzig Meter langen und acht Meter breiten Areal Rhododendren, Mahonien, Rosen und Tulpen.
Dunja Berndt und Holger Eckert befreien die Insel seit sechs Jahren nicht nur regelmäßig von Unkraut und Müll, sie sorgen auch dafür, dass heute wieder Kunst Platz hat. Denn Mitte der achtziger Jahre war die Insel als Skulpturenpark entstanden. Zwischendurch war die Kunst jahrelang von Grün überwuchert. Heute finden Lesungen und Konzerte statt. Eine Ausstellung im Kunst- und Kulturzentrum Sebastian Haffner Haus zeigt die Entwicklung der Insel und wer die beiden Insel-Paten einmal persönlich treffen möchte, sollte einen Besuch Donnerstags zwischen 16:00 Uhr und 18:00 Uhr einplanen, denn dann sind sie immer auf "ihrer" Insel anzutreffen.
Wer spontan unterwegs ist und dem SeedBombCity Plan folgt, kann da schon weniger Glück mit Begegnungen haben. Denn Urban Gardening Projekte sind keine Schrebergärten, in denen man dauernd jemand antreffen kann. Oft verabreden sich die Urban Gardener an bestimmten Abenden oder Wochentagen, wenn gemeinschaftlich gegärtnert wird. Wer also Menschen treffen will, sollte sich vorher die Internetseite ansehen und mit den Urban Gardenern Kontakt aufnehmen.
Wie der Plan zu seinem Namen kam
Den Namen Seed Bomb City verdankt der Plan der zweiten Leidenschaft von Benjamin Graf, dem Guerilla Gardening. Dafür stellt er eigene Wurfgeschosse aus Samen und Erde her - Seed Bombs, Samenbomben also.
Was der Unterschied zwischen Guerilla Gardening und Urban Gardening ist, warum die Urban Gardener ihre Freizeit für die Gemeinschaftsgärten opfern, obwohl die Ernte oft von anderen eingefahren wird und wie man sich mit Hilfe des SeedBombCity Plans zurecht findet, hören Sie in der Sendung.
Mehr Informationen über Urban Gardening Projekte bundesweit, über Blogs und Netzwerke bekommen sie auch bei:
Gartenpiraten
Anstiftung
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