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Samen auf der hohen Kante

Besuch in Deutschlands ältester Wildpflanzen-Genbank in Berlin-Dahlem.

Eine Währung, die sich von selbst vermehrt, davon träumt jede Bank. Und es gibt sie wirklich. Statt Euro, Dollar und Pfund sind in der Dahlemer Saatgutbank Pflanzensamen von Küchenschelle, Mohn und Wachtelweizen im Depot und warten darauf – ganz kostenlos – verschickt zu werden.

Mohnkapseln in unterschiedlichen Reifegraden © GartenRadio.fm


Das Girokonto – der Index Seminum

Samen von rund 3000 verschiedenen Pflanzen gehören zum „Girokonto“ der Bank – zum Index Seminum. Darunter versteht man eine Auswahl von Samen, die vor allem von anderen Botanischen Gärten oder Forschungseinrichtungen angefordert werden können – ganz bequem per Katalog.

Der Index Seminum besteht aus Samen, feingeordnet in Papiertütchen © GartenRadio.fm
Der Samenkatalog hat eine lange Tradition. Schon kurz nachdem der Botanische Garten 1809 der Friedrich-Wilhelm-Universität unterstellt wurde, erschien der erste Index Seminum.

Die langfristige Anlage

Erst seit gut zwei Jahrzehnten ist in der Berliner Saatgutbank auch die langfristige Anlage möglich. Rund 2500 Pflanzenarten von rund 7000 Orten werden in einer Art eisigem Langzeit-Depot gelagert. In einer Klimakammer warten sie bei -24 Grad in einem künstlichen Winterschlaf darauf, Jahrzehnte, vielleicht sogar Jahrhunderte zu überdauern.

Alle fünf Jahre werden Keimversuche durchgeführt © GartenRadio.fm
Die so gelagerten Samen können eines Tages Artenvielfalt sichern, denn viele von ihnen stammen von seltenen und gefährdeten Arten. Und damit man sicher sein kann, dass sie lebensfähig sind, werden alle fünf Jahre Proben entnommen, aufgetaut und auf Keimfähigkeit getestet.

Birgit Nordt beim Sammeln von Saatgut © GartenRadio.fm
 
Die Saatgut-Bänkerin

Die Planung und Koordination der Keimungsversuche ist die Aufgabe von Birgit Nordt. Die Biologin arbeitet seit zwei Jahren in der Saatgutbank und kann sich immer wieder dafür begeistern, wie kreativ Pflanzen ihre Samen in der Welt verbreiten.
 Das Springkraut lässt seine Samenkapseln "explodieren" © GartenRadio.fm


Sie lassen sich verspeisen, nutzen Wind und Wasser, oder entwickeln Schleudermechanismen. Wer jemals die Samenkapsel eines Springkrauts berührt hat, wird bei der Explosion der Kapsel zumindest zusammengeschreckt sein.

Neue Währung für die Bank

Girokonto und Depot der Saatgutbank müssen ständig gepflegt werden. Dafür wird immer wieder neues Saatgut gesammelt. Das passiert ganz bequem vor der Haustür im Freiland des Botanischen Gartens, der schon selbst - botanisch gesehen - eine kleine Weltreise bietet. Regionen aus drei Kontinenten werden abgebildet.

Die "Pyrenäen" im Botanischen Garten in Berlin-Dahlem © GartenRadio.fm
Von den europäischen Kalkalpen gelangt man innerhalb weniger Minuten über die anatolische Hochebene hin zu den Laubwäldern der Apalachen. In den Anzuchthäusern des Gartens werden die Samen tropischer Pflanzen geerntet. Und auf Exkursionen in Griechenland, im Kaukasus oder auch in Deutschland wird Saatgut in der Natur gesammelt.

Die Samen der Welwetschia sind weltweit begehrt © GartenRadio.fm
Auch Birgit Nordt ist als Saatgut-Sammlerin im Einsatz. Derzeit ist sie der Arnika Montana auf der Spur. Aber nicht in der eigentlichen Heimat der Pflanze, in den Gebirgen Europas, sondern im Nordosten Deutschlands. Dort gibt es nur eine kleine Population und das Sammeln ist immer eine Gradwanderung, sagt sie.

Einerseits ist es wichtig, möglichst viele unterschiedliche Populationen einer Art zu sammeln, um die genetische Vielfalt zu bewahren, andererseits könnten zu viele abgesammelte Samen einen ohnehin schon kleinen Bestand komplett gefährden.

Wollgras nutzt den Wind, um seine Samen zu verbreiten © GartenRadio.fm

Eine Bank mit Wachstumspotential

Es hat sich viel getan seit den ersten "Index-Seminum-Jahren" Anfang des 19. Jahrhunderts. Ein Exemplar aus dem Jahr 1842, mit curryfarbenem Einband bringt es gerade mal auf drei Seiten. Der aktuelle Index Seminum verfügt über stolze 180 Seiten, die fein alphabetisch von A wie Adiantum hispidulum, dem Frauenhaarfarn bis X wie Xyris laxifolia Mart., der Schlaffblättrigen Degenbinse geordnet sind.

Und vor allem die Schönheit der Samen ist heute besser sichtbar, schwärmt Birgit Nordt. Denn manche Samen zeigen erst bei vierzigfacher Vergrößerung unter dem Mikroskop ihre verborgene Schönheit. Das dokumentiert auf überwältigende Weise der Bildband Samen, der gerade im Elisabeth Sandmann Verlag erschienen ist und für den die Botaniker der Dahlemer Saatgutbank erklärende Texte geliefert haben.


Die Samen der Paternostererbse sind für den Menschen hochgiftig © GartenRadio.fm
Wie die Samen gesammelt, verarbeitet und in den Winterschlaf versetzt werden, warum einer der berühmtesten Samen der Dahlemer Saatgutbank von einer ziemlich unansehnlichen Pflanze stammt, welches der größte Samen der Welt ist und was sich der Gärtner im heimischen Garten beim Samensammeln von den Profis abgucken kann – hören Sie in der Sendung.

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