Ernst Pagels - weltberühmt und unbekannt
Es ist tatsächlich paradox – die Gräser und Stauden von Ernst Pagels sind weltberühmt. Aber um sein Andenken wurde – selbst in Fachkreisen - lange gerungen. Jetzt weht ein frischer Wind durch sein Vermächtnis.
Wer heute nach Leer in den „Pagels-Garten“ fährt, also dorthin, wo früher einmal die Gärtnerei von Ernst Pagels stand, findet ein verwunschen-verstecktes Gelände vor. Die Gewächshäuser von einst stehen noch. Aus den ehemaligen Staudenquartieren sind Mitmachbeete für Leeraner Bürger und Bürgerinnen geworden. Am Rand des Geländes spielen Vorschulkinder mit Blick uns Grüne in einem Waldorfkindergarten.
Von einem Mekka noch weit entfernt
Zwar haben auf einer großen Wiese im Gelände so berühmte Gartenplaner wie Piet Oudolf oder Peter Janke Pagels zu Ehren Beete angelegt, aber alles in allem ist der Pagels-Garten eine Stätte für Eingeweihte. Mit der Berühmtheit von Karl Foerster und seinem Garten in Potsdam Bornim, einem Mekka für Gartenfreunde, kann man in Leer bisher nicht mithalten.
Von Ostfriesland in die Welt
Dabei ist Ernst Pagels, zumindest in Fachkreisen, ein Weltstar. 130 Pflanzen-Sorten gehen auf sein Konto. Darunter sind vor allem Gräser (Miscanthus sinensis), Schafgarben (Achillea) Salvien und Rodgersia. Seine Pflanzen gelten noch immer als besonders robust. Sogar Chinesen kauften seine Chinaschilf-Sorten und die New Yorker verdanken ihm gleich zwei gärtnerische Aushängeschilder. Der Battery-Park und der High-Line Park, eine ehemalige Bahntrasse, sind überwiegend mit den Stauden und Gräsern aus Ostfriesland bepflanzt.
Weltberühmt und doch Geheimtipp
Das Who ist Who der Gartenwelt gab sich zu Pagels Lebzeiten (1913-2007) in seiner Gärtnerei in der Deichstr. 4, in Leer die Klinke in die Hand. Der Allgemeinheit - und damit sind durchaus auch Gärtnerinnen und Gärtner gemeint - ist er trotzdem oft kein Begriff. Das mag daran liegen, dass es nicht viel Schriftliches über ihn gibt. Nur ein paar Artikel in Fachzeitschriften und zwei Publikationen, die sich eher an Eingeweihte richten. Die eine ist eine Festschrift, die der "Freundeskreis und Stiftung Ernst Pagels" anlässlich seines hundertsten Geburtstags im Jahr 2013 herausgegeben hat. Die andere ist die Diplomarbeit von Wolfgang Müller, der während seiner Studienzeit zum Landschaftsarchitekten feststellte, dass zwar fast jeder Staudengärtner Pagels' Stauden und Gräser im Sortiment hat, sein Name aber selbst bei Fachleuten oft nur Achselzucken auslöste. Unter dem Titel „Gärtnern als kulturelle Tätigkeit“ hat er im Jahr 2003, noch mit der Unterstützung von Ernst Pagels selbst, akribisch Stationen und Wendepunkte im Leben des Gärtners festgehalten.
Das schwierige Erbe
Die Bewahrung des Pagels-Gartens ist nicht einfach. Noch zu Lebzeiten hatte Ernst Pagels seine Gärtnerei der anthroposophischen Stiftung mercurial vermacht, mit der Auflage einen Waldorfkindergarten zu bauen. Den Kindergarten gibt es noch, aber die Stiftung musste schon einen Teil des Gartens verkaufen. Und die Begehrlichkeiten sind groß. Auch in Leer ist Bauland Mangelware.
Wer ihn kannte, vergisst ihn nicht
Sogar jenseits der gärtnerischen Qualitäten scheint Pagels, der Mann mit der schwarzen Baskenmütze, menschlich Rahmenbedingungen für nachhaltige Beziehungen geschaffen zu haben. Denn immer noch engagieren sich ehemalige Weggefährten dafür, diesen Ort der Erinnerung zu erhalten. So gründeten Leeraner Bürger und Bürgerinnen den Verein Freundeskreis Ernst-Pagels und pachteten das Gelände, um es zu bewahren.
Frischer Wind weht durch das Vermächtnis
In diesem Sommer nimmt das Andenken an den außergewöhnlichen „Stauden-Entdecker“ neuen Anlauf. Wieder geben sich Gartengrößen, wie Petra Pelz, Peter Janke, Joachim Hegmann, Christian Kreß, Jens Schachtschneider, Dieter Gaißmayer und Gerhard Mühring die Klinke in die Hand. Diesmal nicht in der Deichstrasse 4, in Leer, sondern in Papenburg. Am 13./14. August 2022 findet dort ein Pagels-Symposium statt. Einen ganzen Tag lang wird es darum gehen, sich darüber auszutauschen, warum dieser naturnahe und sozial engagierte Gärtner bis heute ein Wegweiser für eine ganze Branche sein kann.
Welche besondere Gabe Ernst Pagels zum außergewöhnlichen Züchter machte, warum Pagels nicht ohne sein großes Vorbild Karl Foerster zu denken ist und was für erstaunliche Menschen in Leer sein Andenken bewahren – erzählen Gerhard Mühring, Annate Crone, Issa Osman und Anke Boekhoff in dieser Folge.
Tipp:
Ernst-Pagels-Symposium
Hotel Alte Werft, Papenburg
13./14. August 2022
Anmeldung unter
Gartengesellschaft.de
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