Die Wiederentdeckung des Bergischen Butterkohls
Er hat riesige Blätter, schmeckt wie eine Mischung aus Grünkohl und Wirsing, nur weniger bitter, aber dafür mit buttrigen Beigeschmack. Beinahe wäre die uralte Sorte verloren gewesen, doch jetzt taucht sie wieder auf. Eine Geschichte von rührendem Engagement und kosmischer Energie.
„Mein Butterkohl ist längst nicht so groß, wie der Butterkohl vom Biobauern.“ lacht Melanie Eck. Aber schmecken tut ihr Kohl genauso, und ohne sie, ihren Vater und ihren Großvater gäbe es den Bergischen Butterkohl auch nicht auf dem Feld des Biobauern.
Der Bergische Butterkohl verschwindet
Es war im Jahr 2004, als ihr Vater Melanie Eck bat, ihr Samen der bergischen Spezialität zu besorgen. Der Kohl gehörte einst zu den Klassikern in den Gärten im Bergischen Land. Er hat große Blätter, bildet keinen typischen Kohlkopf aus, kann Blatt für Blatt geerntet werden, und besitzt nur wenig Bitterstoffe.
Aber in Gartencentern und Samenhandlungen gehörten seine Samen plötzlich nicht mehr zum Sortiment. Die Sortenzulassung war abgelaufen, wie Melanie Eck herausbekam, der Verkauf lohnte sich nicht mehr und damit war das Schicksal des Bergischen Butterkohls besiegelt - eigentlich.
Dem Kohl auf der Spur
Melanie Eck ließ nicht locker und nach langem Suchen entdeckte sie in einem privaten Samenarchiv in Dresden ein letztes Tütchen mit Bergischen-Butterkohl-Samen. Das Saatgut war schon alt, aber ihr Großvater, ein Gärtnermeister, zog ein paar Pflanzen auf, sammelte Samen, verteilte sie an Freunde und an die Bergische-Gartenarche in Lindlar, eine Initiative, die sich dem Sammeln und Bewahren von alten Sorten widmet.
Ein paar Butterkohlsamen waren also wieder im Umlauf. Und wer einen Garten hatte, konnte sich selbst an die Aufzucht des Gemüses machen. Fertiges Gemüse kaufen konnte man aber nicht. Warum eigentlich nicht, dachte sich Melanie Eck und gab im letzten Jahr auf "ihrem" Heimatmarkt in Hoffnungsthal, eine kleine Dose mit Samen an Lothar Tolksdorf vom Biohof Bursch weiter.
Der Demeter-Hof ist bekannt dafür, dass er auch Gemüse anbaut, das im konventionellen Anbau keine Chance hat. Das Filderkraut zum Beispiel, den Maiwirsing oder eben den Bergischen Butterkohl.
Wen stört's, wenn Bergischer Butterkohl verschwindet?
Na ja, mag man da denken, Bergischer Butterkohl ist doch sehr speziell, ein Nischen-Gemüse. Wen stört’s, wenn er nicht mehr da ist?
Er fehlt nicht nur als Bereicherung für einen abwechslungsreichen Speiseplan, er ist auch ein Beispiel für abnehmende Biodiversität. Viele unserer Obst- und Gemüsesorten sind schon sang- und klanglos aus den Gärten und von den Feldern verschwunden. Mehr als 75 Prozent aller Kulturpflanzen aus dem Jahr 1900 sind laut der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen unwiederbringlich verschwunden.
Auch Nischen-Gemüse kann sich lohnen
Um so erfreulicher, dass diese Geschichte zeigt, dass sogar Nischen-Sorten wieder für den Markt entdeckt werden können und so auf vielen Tellern landen.
Im Biohof Bursch ist man jedenfalls zufrieden mit dem Bergischen Butterkohl. Nachdem im letzten Jahr rund 100 Pflanzen angebaut wurden, sind es in diesem Jahr schon stattliche 1500. Melanie Eck freut sich darüber. Nicht nur, weil ihr Vater jetzt wieder Bergischen Butterkohl essen kann sondern, weil auch andere Menschen die Gelegenheit haben, Gemüse neu zu entdecken, dass früher ein Klassiker der bergischen Küche war.
Melanie Ecks Butterkohl-Rezept
Und so hat schon Melanie Ecks Großmutter den Bergischen Butterkohl zubereitet: Gemischtes Hackfleisch und Zwiebel mit Butter leicht anbraten. Geriebene Muskatnuss, Salz und Pfeffer darüber streuen, dann gewürfelte Kartoffeln darüberlegen. Als letzte Schicht den gewaschenen und in Streifen geschnittenen Butterkohl dazugeben. Mit einem Drittel Wasser auffüllen und ca. 45 Minuten auf kleiner Flamme kochen. Nicht umrühren!
Die ganze Geschichte der Wiederentdeckung des Bergischen Butterkohls, warum sich der bodenständige Kohl von einst, die biologisch-dynamische Anbauweise von heute, wohl kaum hätte träumen lassen und was man unter "rührendem" Dünger versteht - hören Sie in der Sendung!
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