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Im Garten von Max Liebermann

Er gilt als einer der bedeutendsten Impressionisten in Deutschland. Er malte seinen Garten und genoss ihn. Das können heutzutage auch Besucher

Blauer Rittersporn, rote Dahlien oder lichte Birken der Impressionist Max Liebermann malte mit Leidenschaft seinen eigenen Garten. Wobei „malen“ es nicht ganz trifft. Mit kurzen Pinselhieben, sogar mit dem Spachtel brachte er seine Farben auf die Leinwand. Denn es ging ihm weniger um die detailgetreue Darstellung von Pflanzen und Perspektiven, sondern um das Zusammenspiel der Farben. Über 200 Gemälde seines Gartens sind heute in den Museen in aller Welt zu besichtigen.


Bauerngarten vor der Liebermann Villa © GartenRadio.fm 

Die gut gemalte Rübe ist ebenso gut, wie die gut gemalte Madonna

Dabei hielt sich die Begeisterung für Gartenmalerei im ausgehenden 19.Jahrhundert zunächst in Grenzen. Publikum und Kunstkritiker rümpften die Nase. Sie wollten historische Ereignisse oder zumindest Heldenlegenden auf der Leinwand bestaunen und keine Blumen oder gar Gänserupferinnen sehen, so wie Liebermann sie gemalt hatte. Selbst in der Sprache setzten sich Garten-Begriffe, die heute selbstverständlich sind, erst langsam durch. Als im Jahr 1864 der fünfte Band des „Deutschen Wörterbuches“ von Jacob und Wilhelm Grimm erschien, wurde zum ersten Mal eine Kindergärtnerin erwähnt. Zur selben Zeit bohrte sich der Begriff „Biergarten“ durch den deutschen Sprachboden und aus Tierparks wurden zoologische Gärten.

 

Liebermann zeigte sich unbeeindruckt. „Die gut gemalte Rübe ist ebenso gut, wie die gut gemalte Madonna“, entgegnete er Kritikern und malte schon Ende des 19. Jahrhundert Strandmotive an der niederländischen Küste und beschauliche Biergarten-Momente, bis er im Jahr 1909 dann „seinen“ Platz am Wannsee fand. Für 145.000 Reichsmark erwarb er ein Doppelgrundstück mit Zugang zum See. Auf dem 7000 qm großen Grundstück ließ er nicht nur eine Villa bauen, sondern auch einen Blumen-, Gemüse- und Obstgarten anlegen.


Der Blick von der Terrasse auf den Wannsee © GartenRadio.fm

Ein Bauerngarten als Provokation


Der Garten war ein Gemeinschaftswerk. Als Gartenplaner war Albert Brodersen engagiert. Ein weitgereister Landschaftsgärtner mit ausgezeichnetem Ruf, der im Jahr 1910 zum Berliner Gartendirektor ernannt wurde. Er galt als erfahrener und äußerst gebildeter Gärtner und soll es bei dieser Aufgabe doch nicht leicht gehabt haben, seine Ideen umzusetzen. Denn Liebermann hatte genaue Vorstellungen von seinem Garten. Die hatte er gemeinsam mit seinen Freund, dem Hamburger Museumsdirektor und Gartenreformer Alfred Lichtwark entwickelt. Die beiden wollten die Prinzipien der Gartenrefombewegung um 1900 mit ihren klaren Sichtachsen und Sichtbezügen zwischen den unterschiedlichen Gartenbereichen umsetzen. Damals waren zum Beispiel die geraden und klar zum Haus führenden Wege neu man nannte das einen Architekturgarten.

Diese klare Linie wurde durch historische Gartenelementen aufgelockert. Zum Beispiel durch Beete, die mit Buchsbaumhecken eingefasst wurden. In den Beeten leuchteten nicht nur lila Eisenkraut oder blaues Vergissmeinnicht. Auch Stangenbohnen, Kohl und Kräuter reckten sich selbstbewusst über die niedrigen Hecken. Eine Provokation meint Liebermann-Villa-Museumsleiter Martin Faas, denn in der Villenkolonie Alsen am Wannsee lebte prominente Nachbarschaft, wie Verlegerfamilie Langenscheidt oder AEG Direktor Johann Hamspohn. Der Vorgarten galt als Visitenkarte und Kohl galt nicht als förderlich fürs Renommee.




Das Lindenkarree © GartenRadio.fm

Die Heckengärten


Hinter dem Haus, auf der Seeseite, hatte Liebermann eine große Rasenfläche anlegen lassen, so dass er von der Terrasse mit ihren Geranienbeeten bis über den Wannsee blicken konnte. Ein Birkenwäldchen, das schon auf dem Grundstück gestanden hatte, wurde in den Garten einbezogen. Und der Platz hinter dem Haus sollte der Ort für das Gestaltungselement werden, für das das Garten heute noch berühmt ist: die Heckengärten. Alfred Lichtwark hatte sich „grüne Kammern“ aus Hainbuchenhecken ausgedacht. Ein Lindenkarree, einen ovalen Garten und einen Rosengarten. Sie spiegelten die neue gartenkünstlerischen Überlegungen mit klaren Linien wieder und sollten gleichzeitig neugierig auf den Raum hintern den Hecken machen.

Liebermann war begeistert von der Idee. Und es zeigte sich, dass die grünen Kammern nicht nur ein gelungenes gartenplanerisches Element werden sollten, sondern auch ein beliebter Aufenthaltsort der Familie wurde. Hier las man, empfing Besuch und genoss die Ruhe.
 



Der ovale Garten © GartenRadio.fm


Der beinahe verlorene Garten


Fast ein viertel Jahrhundert konnte Liebermann seine Sommerresidenz, sein „Schloss am See“, wie er es nannte, genießen. Doch mit dem Erstarken der Nationalsozialisten wurde auch das Leben des im Kulturbetrieb einflussreichen Liebermann schwieriger. Als Sohn eines jüdischen Textilfabrikanten hatte er unter Repressalien zu leiden, verlor Ansehen und Weggefährten. Nach dem Tod des Malers im Jahr 1935 wurde seine Witwe Martha gezwungen, die Villa an die deutsche Reichspost zu verkaufen. Danach ging es mit den Besitzverhältnissen hin und her. Eine zeitlang wurde die Villa sogar als Krankenhaus genutzt. Dort wo der Maler mit Pinsel und Spachtel Landschaften hatte entstehen lassen, entfernten Chirurgen mit Messer und Skalpell Blinddärme und Mandeln. In den 70er Jahren übernahm dann ein Wassersportverein Teile des Geländes.


Das Birkenwäldchen © GartenRadio.fm


Im Jahr 2002 konnte die Max-Liebermann-Gesellschaft die Villa übernehmen und in ein Museum umwandeln. Vom Garten waren nur noch Reste übrig. Aber dank jahrelanger, akribischer Arbeit konnte er rekonstruiert werden. Als letztes im Jahr 2014 der Gartenteil, der als das Kernstück des Gartens gilt. Die Heckengärten.

 

Wer heutzutage die Liebermann-Villa am Wannsee besucht, kann sich in Liebermanns Garten mit allen Sinnen zurückversetzen lassen. In die Farbenwelt, die Düfte, die Geräusche, wenn der Wind durch das Birkenwäldchen rauscht oder das leise Schwappen der Wannsee-Wellen bis zur Terrasse dringt. Und wie Liebermann seinen Garten gemalt hat, kann man sich in wechselnden Ausstellungen selbstverständlich auch ansehen.

 

Liebermanns Pavillon am Seeufer © GartenRadio.fm
*Artikelbild: Max Liebermann, Blick aus dem Nutzgarten nach Osten auf den Eingang zum Landhaus, 1919 © MLG, Foto: Julia Jungfer

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